Wie wird Wein hergestellt?
Donnerstag, 29 Juli 2021
Boden, Klima, Trauben, Mensch
Wein wird vom Menschen gemacht, oder? Eine gute Frage und die Antwort darauf ist ein klares, deutliches „Jein“. Bei der Weinherstellung ist das Wissen und Können des Winzers oder der Winzerin natürlich fundamental. Genau so wichtig sind aber auch verschiedene natürliche Faktoren:
1. Der Boden
2. Das Klima
3. Die Rebsorte.
Nehmen wir mal an, dass der gleiche Winzer auf die gleiche Art und Weise zwei Weine aus der exakt gleichen Rebsorte herstellt. Wir könnten vermuten, dass unter diesen Gesichtspunkten zwei sehr ähnliche Weine entstehen. Aber mit genau dieser Vermutung lägen wir falsch. Denn wir vergessen den Faktor Boden. Ein sandiger Boden gibt andere Nährstoffe an die Trauben ab, als ein Boden mit hohem Quarz Gehalt. Ein hoher Kreidegehalt im Boden hat einen anderen Einfluss auf die Trauben, als ein Granitboden.
Und so verhält es sich auch mit dem Klima. Ganz abgesehen davon, dass in den unterschiedlichen Weinregionen unterschiedliche Klimabedingungen vorherrschen, kann auch der Wein von ein- und demselben Weinberg in einem Jahr besser gelingen, als im Nächsten (durch mehr Sonneneinstrahlung oder weniger, mehr Niederschlag oder weniger, durch einen früheren oder späteren Sommerbeginn, usw.).
Zu guter Letzt hat natürlich auch jede Rebsorte einen ganz eigenen Charakter und bestimmte Rebsorten machen sich besonders gut in bestimmten Klimazonen mit bestimmten Bodenverhältnissen.
So weit, so gut.
Gehen wir aber mal davon aus, dass der Boden unseres Weinberges perfekt geeignet ist für unsere angebaute Rebsorte und das Klima es gut mit uns meinte.
Wir stehen also auf unserem wunderschönen Weinberg und bestaunen Reben über Reben voller praller Trauben. Und nun? Wie bekommen wir diese Trauben nun in flüssiger Form in die Flasche?
Das schauen wir uns im Folgenden vereinfacht erklärt in 6 Schritten an.
Die 6 Schritte der Weinherstellung
1. Die Weinlese
In Europa kommt es zwischen Ende August und Mitte Oktober zur Weinlese. Die Weinlese ist nichts anderes, als das Ernten der reifen Trauben. Je nach klimatischen Bedingungen und Reifegrad der Trauben, kann die Lese etwas früher oder später beginnen.
Die Weinlese kann maschinell oder manuell, also von Hand, erfolgen. Viele Winzer hochwertiger Weine schwören auf die Handlese. Diese ist zwar kosten- und zeitintensiver als die maschinelle Lese, aber durch sie kann eine erste Qualitätskontrolle direkt am Weinberg durchgeführt werden. Eine Maschine erntet Traube für Traube, ein Winzer hingegen kann die Trauben direkt am Weinberg analysieren und nur diese mit in den Weinkeller nehmen, die er auch wirklich für geeignet ansieht.
Die manuelle Lese ist außerdem um einiges schonender für die Trauben, denn das Risiko, dass diese zerquetscht oder beschädigt werden ist viel geringer als beim Einsatz von Maschinen.
In Galicien arbeitet noch der allergrößte Teil der Winzer per Hand, vor allem in der Region der Ribeira Sacra sind so gut wie gar keine Maschinen zur Ernte zu sehen. Das liegt vor allem an den steilen Hängen an denen die Weinberge in dieser Region angebaut werden. Teilweise ist es nicht mal möglich den Weinberg zu Fuß zu erreichen und es muss mit kleinen Booten ausgeholfen werden – an Erntemaschinen ist da in keinster Weise zu denken.
2. Das Keltern bzw. Maischen der Trauben
Nachdem die Trauben gut im Weinkeller angekommen sind, werden diese von ihrem Stielgerüst getrennt und danach gepresst (auch keltern genannt). Wir alle haben schon Fotos gesehen von Menschen, die bis zu den Knien in Trauben stehen und ordentlich stampfen, um so den Saft der Weintrauben von Kernen und Fruchtfleisch zu trennen.
Heutzutage wird diese Aufgabe nur noch in den seltensten Fällen von zwei Beinen erledigt, sondern es kommen viel mehr Maschinen zum Pressen der Trauben zum Einsatz.
Weißwein wird aus hellen Trauben gemacht und Rotwein aus dunklen, oder?
Falsch.
Tastächlich kann Rotwein aus hellen und Weißwein aus dunklen Trauben entstehen. Der entscheidende Faktor ist viel mehr, wie die Trauben vergoren werden.
Rotwein entsteht in der Regel durch eine Maischegärung. Dabei werden alle Bestandteile der Traube zusammen vergoren (Stiele, Kerne, Schalen und natürlich der Traubensaft). Beim Weißwein wird nur der Saft vergoren, dabei handelt es sich um eine sogenannte Mostgärung.
Denn das Rote im Wein findet sich ausschließlich in den Stielen, Kernen und Schalen der Trauben wider, nicht aber im Saft.
Wer das weiß, kann sich auch vorstellen, wie Roséwein entsteht. Rot wird der Wein durch Schale, Kerne und Stiele, weiß wird er durch den Saft. Rosa wird er also, wenn der Saft nur ein bisschen mit Schale, Kerne und Stiele in Verbindung kommt.
Vorsicht! Das ist die „normale“ und „allgemeine“ Vorgehensweise. Es gibt aber auch Weißweine, die eine Zeit lang mit Kernen und Co. vergoren werden, Rotweine, die nur ganz kurz mit den Farbstoffen in Berührung kommen, usw.
3. Die Vergärung
Jetzt wissen wir zwar, welche Traubenbestandteile für den jeweiligen Wein vergoren werden, aber was passiert denn nun genau beim Vergären?
Ganz einfach gesagt, wird der vorhandene Zucker, der sich im Traubensaft befindet durch Hefebakterien in Alkohol umgewandelt. Diese Hefebakterien sind entweder die sowieso natürlich vorkommenden Hefekulturen des Weinbergs oder im Labor entwickelte Hefen, die gekauft und dann zum Traubensaft hinzugefügt werden. Die gekaufte Hefe ist berechenbarer und mindert das Risiko, dass der Most nicht richtig angärt oder nicht richtig durchgärt. Allerdings nehmen diese gekauften Hefen dem Wein auch ein wenig seines eigenen Charakters. Viele Topwinzer arbeiten deshalb mit ihren eigenen Hefekulturen, gekaufte Hefe, wie sie jeder kaufen kann, kommen ihnen nicht in den Saft.
Die Hefe – gekauft oder nicht – beginnt sich bei etwa 15 Grad zu vermehren und den vorhandenen Zucker zu verbrauchen bzw. in Alkohol umzuwandeln. Ist kein Zucker mehr da, sterben die Hefebakterien ab und das Ergebnis ist ein trockener Wein.
Ist ein Alkoholgehalt von 15% erreicht, stirbt die Hefe ebenfalls ab – egal, ob noch Restzucker vorhanden ist oder nicht.
Süße Weine haben in der Regel weniger Alkoholgehalt als trockene, da die Hefebakterien gar nicht dazu gekommen sind, den kompletten vorhandenen Zucker in Alkohol umzuwandeln.
Bei der Vergärung ist ein Überwachen und Einschreiten des Winzers sehr wichtig. Er muss Temperaturkontrollen vornehmen, Zucker- und Alkoholgehalt kontrollieren und steuern, um so einen lieblichen oder trockenen Wein und einen Wein mit hohem oder nicht so hohem Alkoholgehalt zu bekommen.
Beim Rotwein muss der Wein nach dem Gären noch von Stielen, Kernen und Schalen getrennt werden.
4. Der Ausbau
Der Wein wird nun in Edelstahltanks oder Holzfässser abgefüllt und dort eine Zeit ausgebaut (wie lange, hängt von der Weinart und vom Winzer ab).
Bei Rotweinen (und manchmal Weißweinen) wird dann eine malolaktische Gärung durchgeführt: Die im Most enthaltene strenge Apfelsäure wird in cremige Milchsäure umgewandelt.
Trinkst du einen sehr säurearmen und cremigen Weißwein, dann ist es durchaus möglich, dass dieser die malolaktische Gärung durchlaufen hat und so etwas von seiner spritzigen Säure verloren hat.
5. Klärung und Abfüllung
Der Wein kann geklärt werden. Geschieht das nicht, können in der Flasche Schlieren und klumpige Rückstände entstehen. Bioweine werden ganz bewusst nicht geklärt, denn letztendlich sehen die Schlieren nicht schön aus, sind aber natürlich und beeinflussen den Weingeschmack und die Weinqualität in keinster Weise.
Zum Klären des Weins verwenden Winzer meist tierische Produkte wie Eiklar oder Gelatine. Das Eiweiß verbindet sich mit den Trübstoffen im Wein und setzt sich anschließend am Fassboden ab. Und in genau diesem Schritt liegt übrigens auch das ganze Geheimnis der veganen Weine. Beim veganen Wein werden diese tierischen Produkte durch pflanzliche ersetzt.
Ist der Wein geklärt (oder auch nicht) kommt er nun endlich in die Flasche. Er wird gelagert (oder auch nicht) und ist dann zum Verkauf bereit.
6. Das Trinken des Weins
Das ist der wohl schönste Schritt. Der Wein muss getrunken werden. Wichtig ist, auf die richtige Trinktemperatur zu achten (zu kalter oder warmer Wein hat Einfluss auf die Aromen).
Übrigens ist es ein Irrglaube, dass Rotwein bei Zimmertemperatur getrunken werden sollte. Das war mal so, als die Heizung noch nicht weit verbreitet war und es in Innenräumen nicht so mollig warm war wie heutzutage. Die maximale empfohlene Trinktemperatur für Rotwein liegt bei 18 Grad. Und ich weiß ja nicht, wie das bei euch zuhause ist, aber bei mir ist es eigentlich immer wärmer. Dem Rotwein tut es also durchaus gut, zumindest kurz gekühlt zu werden.
Aber letztendlich soll der Wein schmecken und wer seinen Wein kühler oder wärmer als empfohlen trinken mag, der soll es tun und sich an seinem Wein erfreuen. 😊
In diesem Sinne, viel Spaß beim Weinkaltstellen (oder auch nicht).
Un bico,
Lara